HOME  -   PORTRAIT  -   KNOW HOW  -   EXPERTEN  -   WISSENSWERTES  -   LEBENSART  -   NEWS  -   BLOG  -   FORUM  -   TERMINE  -   LINKS  -   KONTAKT





MB /8


Vom Bauerndiesel zum echten Klassiker



Get the Flash Player to see this player.


Die neuen Mercedes-Benz Typen der mittleren Baureihen 115 und 114 setzten einen klaren Schnitt gegenüber der Heckflossen-Ära mit ihrer Einheitskarosserie. Die Limousine ist sportlich, elegant, modern und vor allem eigenständig. Sie zeugt von Solidität und der Liebe zur technischen Innovation, spiegelt dazu noch das Bewusstsein ihrer Entwickler um die neu definierte Rolle einer mittleren Baureihe wider. Fachleute und Öffentlichkeit sind begeistert, als das neue Modell der oberen Mittelklasse von Mercedes-Benz im Januar 1968 erstmals in den Medien vorgestellt wird. Die nach ihrem Geburtsjahr unternehmensintern mit dem Kürzel /8 versehene Fahrzeugfamilie wird bald liebevoll „Strich-Acht“ gerufen. Mit dem Strich-Acht geht 1968 von Stuttgart eine konstruktive Revolution aus, die das Fundament legt und Maßstäbe setzt für die späteren Generationen der mittleren Baureihe von Mercedes-Benz, der heutigen E-Klasse. Zunächst umfasst die Modellpalette sechs Limousinen: Die Vierzylindertypen 200, 220, 200 D und 220 D bilden die Baureihe 115, und die beiden Sechszylindervarianten 230 und 250 erhalten die Baureihenbezeichnung W 114. Als Spitzenmodell unterscheidet sich der Mercedes-Benz 250 von den anderen Typen durch seine Doppelstoßstange vorn. Die Nachfrage ist für alle Typen von Beginn an groß und sorgt bald für lange Lieferzeiten.


Entwicklungsarbeit seit 1961

Designer und Ingenieure beginnen bereits 1961 mit der Planung der neuen Baureihe - im selben Jahr, als gerade die kleine Heckflosse auf den Markt kommt. Die Leitung des Projekts hat Dr.-Ing. Fritz Nallinger, Mercedes-Benz Chefingenieur, Vorstandsmitglied und Technischer Direktor der Daimler-Benz AG. Die technische Struktur des kommenden Fahrzeugs bestimmt Karl Wilfert, Leiter der Karosserieentwicklung. Für das Design zeichnet Paul Bracq verantwortlich, unterstützt von Bruno Sacco. Diese neue mittlere Klasse soll ein eigenständiges Erfolgsmodell werden, das ist von Anfang der Entwicklung an klar. Die Einheitskarosserie ist daher keine Option mehr. Deshalb wollen die Stuttgarter für das Jahr 1968 ein Pendant schaffen zur neuen Oberklasse der Baureihen 108/109.
Chefingenieur Nallinger legt schon 1960 wichtige Eckpunkte für das kommende Fahrzeug fest: Die Konstruktion soll im direkten Vergleich zum Oberklasse-Typ deutlich kompakter ausfallen als es bisher der Unterschied zwischen Vier- und Sechszylindervarianten der Einheitskarosserie erlaubt. Entsprechend wichtig ist bei kleineren Außenmaßen die gute Raumökonomie der Fahrgastzelle. Die Form soll in schlichter Eleganz zeitlos sein. 1964 zeigen die Modelle bereits die Formen der späteren Limousine. Zu dieser Zeit wird aber noch eine unterschiedliche Gestaltung der Fahrzeugfront diskutiert. Angelehnt an die ehemalige Unterscheidung zwischen Vier- und Sechszylindervarianten sollen die schwächer motorisierten Versionen der neuen Typenfamilie eine schlichtere Front mit quer angeordneten, rechteckigen Scheinwerfern bekommen. Anfang 1965 fällt schließlich eine Entscheidung gegen diese Ausdifferenzierung, von der später noch die beiden Baureihennummern 115 und 114 zeugen. In diesem Jahr übernimmt Professor Dr. Hans Scherenberg die Projektleitung, da Nallinger in den Ruhestand tritt.
Neben der Limousine werden als weitere Karosserievarianten ein Coupé, eine Limousine mit langem Radstand und ein Kombinationskraftwagen entwickelt. Während der sportlichere Zweitürer und die Langversion der Limousine tatsächlich in Produktion gehen, bleibt dem Kombi schließlich doch die Serienfertigung verwehrt. Allerdings lässt sich das Grunddesign des Hecks später mit nur geringen Veränderungen sehr harmonisch auf die nächste Baureihe 123 übertragen. 1967 werden die Produktionsanlagen im Werk Sindelfingen eingerichtet. Hier entstehen noch vor dem Marktstart 1100 Vorserienfahrzeuge der vorläufig auf sechs Typen beschränkten Baureihen.

1968: Doppelpremiere in Sindelfingen und Genf

Mercedes-Benz präsentiert den Strich-Acht 1968 mit einer doppelten Premiere: Vor Fachjournalisten feiert die Baureihe im Januar in Sindelfingen ihr Debüt; die breite Öffentlichkeit hat dann erstmals im März auf dem Internationalen Automobilsalon in Genf die Gelegenheit, die neue Limousine zu begutachten. Die sechs zunächst lieferbaren Typen stoßen auf breite Zustimmung bei Fachleuten und Publikum. Die in einem Artikel der Fachzeitschrift "auto motor und sport" geäußerte Einschätzung, Mercedes-Benz habe mit diesem Typ einen "stilistischen Linksruck" gewagt, dürfte allerdings vor allem den gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen von 1968 geschuldet sein. Das Lob der klaren, klassisch-modernen Linienführung und des frischen, sportlichen Auftritts verdient der Strich-Acht dafür umso mehr.
Dabei ist der automobile Identität stiftende Mercedes-Benz Charakter bei diesem Modell voll und ganz erhalten geblieben. Designer und Ingenieure haben eine Aufgabe gut bewältigt, die Mut zur Innovation und Feingefühl verlangt: Einerseits wird nun eindeutiger zwischen Oberklasse und oberer Mittelklasse im Mercedes-Benz Programm differenziert als bisher. Andererseits zeigt sich weiter die familiäre Nähe zwischen den nun unabhängig voneinander auftretenden Typen sowie ihre Herkunft aus der Heckflossen-Generation.

Volles Programm: Debüt der neuen Baureihe mit sechs Limousinen-Modellen

Zunächst tritt der neue Mercedes-Benz mit sechs Limousinen an. Die Typen 200 und 220 werden vom neuen Vierzylinder-Vergasermotor M 115 mit zwei Liter Hubraum (70 kW/95 PS) beziehungsweise 2,2 Liter Hubraum (77 kW/105 PS) angetrieben. In den Diesel-Varianten 200 D und 220 D arbeitet der ebenfalls neue Motor OM 615 in einer Zweiliter-Version mit 40 kW (55 PS) respektive einer 2,2-Liter-Variante mit 44 kW (60 PS) Leistung. Der 2,3-Liter-Reihensechszylinder M 180 des Typ 230 ist bereits aus dem Vorgängermodell bekannt, er leistet wie in der Heckflosse 88 kW (120 PS). Neu in die Motorenpalette kommt der 2,5-Liter-Reihensechszylinder M 114, der 96 kW (130 PS) mobilisiert. Bei den neuen Ottomotoren beider Baureihen setzt Mercedes-Benz auf bewährte Technik: Die Typen 200 und 220 (M 115) sowie 250 (M 114) erhalten Vergaser-Reihenmotoren mit zwei hängenden Ventilen je Zylinder und einer obenliegenden Nockenwelle. Die Vierzylinderaggregate (Otto- wie Dieselmotoren) erweisen sich als so zuverlässig, dass auch die 1976 folgende Baureihe 123 zunächst mit den Motoren M 115 und OM 615 ausgestattet wird.

Gute Fahreigenschaften durch Diagonal-Pendelachse

Das hervorstechende konstruktive Detail der neuen Baureihe liegt unter dem Kofferraum: Die Strich-Acht-Typen sind mit der sogenannten "Diagonal-Pendelachse" ausgestattet. Damit hat nun erstmals ein Mercedes-Benz Serien-Pkw eine Schräglenker-Hinterachse. Die Diagonal-Pendelachse, die unter anderem Gummi-Zusatzfedern und einen serienmäßigen Drehstab-Stabilisator hat, ist die Weiterentwicklung der 1954 im 220 a vorgestellten Eingelenk-Pendelachse, die von 1955 an in allen Mercedes-Benz Personenwagen eingesetzt wird. Gegenüber den Vorgängermodellen bringt die neue Achse deutlich verbesserte Fahreigenschaften, ohne dass dabei Einbußen beim Fahrkomfort entstehen. Die verbesserten Fahreigenschaften erkennen auch internationale Automobiljournalisten, die im Dezember 1967 zu einem ersten Fahrtest auf die alte Strecke der Targa Florio nach Sizilien eingeladen werden. Schnee, Glatteis und die schmalen Bergstraßen der Madonie verlangen dem Fahrwerk viel ab, doch der Strich-Acht bewährt sich hervorragend.
Dabei ist der Strich-Acht kein Leichtgewicht. Denn hinsichtlich Radstand und Gewicht ist die mittlere Baureihe von Mercedes-Benz seit dem Ponton (2,65 Meter und 1,22 Tonnen) über Heckflosse (2,70 Meter und 1,28 Tonnen) zum Strich-Acht (2,75 Meter und 1,36 Tonnen) konsequent gewachsen. Die Gesamtlänge des neuen Typs liegt jedoch mit 4,68 Metern unter der Baureihe 110 - das neue Verhältnis von Gesamtlänge der Karosserie zum Radstand unterstreicht mit ausgewogenen Proportionen die klare Linienführung in der Silhouette. Das zusätzliche Gewicht ist vor allem Maßnahmen zur Verbesserung der passiven Sicherheit geschuldet, die Überlegungen des Mercedes-Benz Ingenieurs Béla Barényi umsetzen, einem Pionier auf diesem Gebiet.


MBStrich8_Bild1
MBStrich8_Bild1

Coupé unterstreicht die sportliche Note

Im November 1968 wird das Typenprogramm des neuen Mercedes-Benz durch die Coupés 250 C und 250 CE nach oben abgerundet. Im gleichen Winter stellen die Stuttgarter auch eine Limousine mit langem Radstand vor. Doch vor allem die Präsentation des sportlichen Zweitürers ist eine viel beachtete Premiere. Schließlich ist zum ersten Mal nun auch in der oberen Mittelklasse der Marke mit dem Stern eine Coupé-Version als exklusive Variante verfügbar. Doppelt exklusiv fällt unter den beiden Coupés der 250 CE aus. Denn seine Motorisierung mit dem 2,5-Liter-Einspritzmotor (110 kW/150 PS) bleibt allein dieser Karosserieform vorbehalten. Im 250 CE wird erstmals in einem Mercedes-Benz Serien-Pkw die Bosch D-Jetronic eingesetzt, eine elektronisch gesteuerte Kraftstoff-Einspritzanlage, mit der auf die seither übliche mechanisch geregelte Mehrstempel-Einspritzpumpe verzichtet werden kann.
Im Vergleich zu späteren Coupés auf Basis der E-Klasse sind jene der Baureihe 114 formal sehr stark an die Limousine angelehnt: Weder Radstand noch Gesamtlänge ändern sich, der veränderte Dachaufsatz macht sich neben dem Wegfall der B-Säule vor allem durch eine fast fünf Zentimeter niedrigere Dachlinie sowie die stärkere Neigung von Windschutz- und Heckscheibe bemerkbar. Noch exklusiver - zumindest was Preise und Stückzahl angeht - fällt eine dritte Karosserievariante aus, die Mercedes-Benz im Dezember 1968 vorstellt: Die Limousine mit einem um 65 Zentimeter verlängertem Radstand.


MBStrich8Coupe_Bild1
MBStrich8Coupe_Bild1
MBStrich8Coupe_Bild2
MBStrich8Coupe_Bild2
MBStrich8Coupe_Bild3
MBStrich8Coupe_Bild3

Mehr Platz: Limousinen mit langem Radstand

Das Konzept dieses Fahrzeugs ist schon vom verlängerten 200 D der Heckflossen-Generation W 110 bekannt: Auch die Langversion des Strich-Acht bietet auf drei Sitzreihen dem Fahrer und sieben Passagieren Platz. Zunächst ist diese teuerste und in geringster Stückzahl produzierte Variante (insgesamt kommen immerhin fast 10 000 Einheiten zusammen) des Strich-Acht als Typ 220 D und als 230 lieferbar. Im Herbst 1973 ergänzt der 240 D das Angebot.
Die Langlimousine kommt wie ihr Vorgänger hauptsächlich als Taxi, Mietwagen und bei Reiseunternehmen, Fluggesellschaften, Botschaften und Behörden zum Einsatz. Weil dabei sportliche Fahrleistungen weniger gefragt sind als wirtschaftlicher Verbrauch, fällt der Diesel-Anteil bei den Achtsitzern über die gesamte Baureihe sehr hoch aus: Knapp 78 Prozent aller Langlimousinen werden mit Selbstzündermotor geordert - das ist ein deutlich höherer Anteil als bei den Limousinen mit normalem Radstand.

Fahrgestelle für Aufbauten

Beide Karosserievarianten der Limousine sind traditionsgemäß als Fahrgestelle mit Teilkarosserie zu haben. Diese werden von Aufbauherstellern im In- und Ausland mit Sonderaufbauten versehen. So entstehen insbesondere Krankenwagen, Feuerwehrautos, Bestattungsfahrzeuge und andere branchenspezifische Spezialversionen. Einen hohen Bekanntheitsgrad erlangen unter anderem die Krankenwagen-Aufbauten der Firmen Binz in Lorch und Miesen in Bonn. Zu den bekanntesten Herstellern von Bestattungswagen gehören die Karosseriebau-Unternehmen Pollmann in Bremen, Rappold in Wülfrath, Stolle in Hannover und Welsch in Mayen. Die unabhängigen Karosseriebauer versorgen die Kunden auch mit Kombiwagen. Als Basis für Umbauten stehen zunächst die Typen 220 D, 220 und 230 (kurz) sowie 220 D und 230 (lang) zur Verfügung. Nach der Modellpflege im Herbst 1973 sind 240 D, 230.4 und der Sechszylindertyp 230.6 als Fahrgestelle lieferbar.


MBStrich8Limo_Bild1
MBStrich8Limo_Bild1

Neue Motoren für die mittlere Baureihe

Im April 1972 ergänzen die Typen 280 und 280 E die Modellpalette. Beide sind als Limousine und als Coupé zu haben und werden vom neu konstruierten 2,8-Liter-Motor M 110 angetrieben. Der Sechszylinder hat V-förmig hängende Ventile und zwei oben liegende Nockenwellen. In der Vergaserversion leistet er 118 kW (160 PS) und mit Saugrohreinspritzung 136 kW (185 PS). Von den weniger leistungsstarken Varianten sind die Limousinen der neuen Strich-Acht-Spitzenmodelle auch ohne Typenschild zu unterscheiden: Zusätzlich zur vom Typ 250 bekannten vorderen Doppelstoßstange haben sie eine bis zu den Radausschnitten reichende hintere Stoßstange sowie zwei Auspuff-Endrohre.
Beim Coupé löst der 280 C den 250 CE ab, der aus der Produktion genommen wird. Der 280 CE mit dem 136 kW (185 PS) starken Einspritzmotor erweitert das Leistungsspektrum der Baureihe und wird zum neuen Spitzenmodell. Seit dem Erscheinen des 280 und 280 E wird außerdem der Typ 250 mit dem 2,8-Liter-Aggregat M 130, das aus den Baureihen 108 und 109 bekannt ist, ausgeliefert. Im Strich-Acht kommt der Motor in einer leicht gedrosselten Variante mit 96 kW (130 PS) zum Einsatz. Die Exportausführung des Typ 250 für USA und Kanada rollt bereits seit Juli 1970 mit diesem Motor vom Band.


MBStrich8Motor_Bild1
MBStrich8Motor_Bild1
1973: Modellpflege für den Strich-Acht

Die Fahrzeugsicherheit steht im Vordergrund einer umfangreichen Modellpflegemaßnahme, der im September 1973 alle Varianten der Baureihen 115 und 114 unterzogen werden. Viele der neuen Details übernehmen die Konstrukteure dabei von den SL- und SLC-Typen der Baureihe 107 sowie der aktuellen S-Klasse (W 116). Dazu gehören zum Beispiel beweglich gelagerte, von innen verstellbare Außenspiegel sowie schmutzabweisende Zierblenden an den A-Säulen, welche die Seitenscheiben auch bei widrigen Witterungsverhältnissen sauber halten, und eine Regenrinne an der Heckscheibe.
Besonders auffallend in der Heckansicht sind die profilierten, verschmutzungsarmen Rückleuchten. Dieses sicherheitsrelevante Design-Element prägt die Wahrnehmung von Personenwagen von Mercedes-Benz über die Klassen hinweg in den nächsten Fahrzeuggenerationen. Das ebenfalls von den Baureihen 107 und 116 bekannte Vierspeichen-Sicherheitslenkrad ist bereits ein halbes Jahr vor der Modellpflege in die Serienproduktion der Strich-Acht-Typen eingeflossen. Von März 1973 an gehören dann auch Kopfstützen und Automatik-Sicherheitsgurte auf den Vordersitzen zur Serienausstattung der Baureihen 115/114.

Akzente aus der Oberklasse und neue Motoren

Die verbesserten Typen werden auch optisch aktualisiert und dabei besonders dem Erscheinungsbild der S-Klasse angepasst: Der Kühlergrill fällt nun niedriger und breiter aus, die Seitenscheiben haben keine Ausstellfenster mehr, die Kennzeichenblende wird auf der vorderen Stoßstange befestigt statt darunter, und der Griff des Kofferraumdeckels bekommt eine andere Form. Weil auch die Bugschürze dem Design der S-Klasse angeglichen wird, verlieren die Typen 250 bis 280 E - zusammen mit den Coupés - ihre vorderen Doppelstoßstangen. Optisch heben sich als einzige Limousinen der Baureihe die Typen 280 und 280 E weiterhin von den anderen Varianten ab, denn ihre lange hintere Stoßstange haben die Designer belassen.
Ein Teil der Modellpflege sind auch neue Vierzylindermotoren. Seit Herbst 1973 markiert der OM 616 (48 kW/65 PS) im Typ 240 D die vorläufige Spitze der Diesel-Modellpalette. Die 2,3-Liter-Version des M 115 mit 81 kW (110 PS) Leistung ist der Antrieb des neuen Typ 230.4, der den 220 ersetzt. Der Zusatz ".4" in der Typenbezeichnung des neuen 230ers wird notwendig, weil die Sechszylindervariante mit gleichem Hubraum weiterhin im Programm bleibt. Diesen ursprünglichen 230er bietet Mercedes-Benz zur exakten Unterscheidung jetzt als Typ 230.6 an.

Fünfzylinder-Dieselmotor als Pkw-Weltpremiere

Im Juli 1974 schließlich setzen die Stuttgarter wieder einmal Maßstäbe in der Entwicklung der Diesel-Technologie: Der Typ 240 D 3.0 der Baureihe 115 ist der erste in Serie gebaute Fünfzylinder-Diesel-Pkw. Seinen Motor OM 617 konstruieren die Ingenieure als Vorkammer-Diesel mit drei Liter Hubraum, das Aggregat leistet 59 kW (80 PS) bei 4000/min und hat ein Drehmoment von 17,5 mkg bei 2400/min. Eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 19,9 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 148 km/h: Das sind die für einen Selbstzünder mehr als beachtlichen Eckdaten der Fahrleistungen, mit denen der 240 D 3.0 antritt. Tatsächlich erweist sich die Limousine bei ihrer Vorstellung als spurtstärkster und schnellster Diesel-Pkw der Welt. Fünfzylinder-Dieselmotoren werden 1974 zwar schon in Lastwagen und als Stationäraggregate eingesetzt. Doch im Pkw ist ein solches Aggregat eine Neuheit - damit verschiebt Mercedes-Benz die Leistungsgrenze, an die bisherige Vierzylinder-Dieselmotoren im Personenwagen gelangt sind, deutlich nach oben.
Weil statt der mechanischen Abstellvorrichtung des 2,4-Liter-Motors eine pneumatische Einrichtung zum Einsatz kommt, kann das Aggregat nun mit dem Zündschlüssel ausgeschaltet werden. Das Anlassen der Maschine erfolgt beim 240 D 3.0 ebenfalls durch das Umdrehen des Zündschlüssels und nicht, wie bisher, durch Ziehen eines Hebels - eine Weiterentwicklung, die damals einen deutlichen Komfortsprung darstellt. Im Vergleich zu anderen Dieselfahrzeugen punktet der 240 D 3.0 mit kultivierter Laufruhe und Wirtschaftlichkeit, der Verbrauch beträgt 10,8 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Damit wird das Auto zu einem Wegbereiter des späteren Diesel-Erfolgs im Personenwagen. Mercedes-Benz setzt den Fünfzylinder-Diesel auch in anderen Fahrzeugen ein: So zum Beispiel von 1978 an in der S-Klasse 300 SD (Baureihe 116) für den Amerika-Export und im Experimentalwagen C 111-IID.

1976: Abschied eines Klassikers

Im Januar 1976 stellt Mercedes-Benz die Baureihe 123 vor, den Nachfolger des Strich-Acht. Die Produktion der Baureihe 115/114 wird aber nicht etwa gleich eingestellt, sondern läuft noch ein ganzes Jahr bis Dezember 1976 weiter. Grund für diese parallele Produktion sind die langen Lieferzeiten für den neuen W 123 und die weiterhin große Nachfrage nach dem bewährten Strich-Acht. Insbesondere Taxi-Unternehmen ordern noch einmal Limousinen der Baureihe für den Einsatz als Motordroschke. Denn das Taxi-Gewerbe ist der Baureihe besonders eng verbunden. Immerhin hat der Strich-Acht als weit verbreitete Motordroschke den 1970 für Neuwagen vorgeschriebenen Wechsel der deutschen Taxi-Landschaft vom schwarzen Lack auf die Farbe Hellelfenbein (Code RAL 1015) mitgemacht.
Nicht nur deutsche Taxifahrer bleiben dem Strich-Acht über viele Jahre hinweg gewogen. Der Mercedes-Benz mit der höchsten bekannten Kilometerleistung ist ein griechisches Taxi vom Typ 240 D, Baujahr 1976. Sein Besitzer, der Taxifahrer Gregorios Sachinidis aus Thessaloniki, hat darin 4,6 Millionen Kilometer zurückgelegt. Seit 2004 gehört der Wagen zur Sammlung des Stuttgarter Mercedes-Benz Museums. Fahrzeuge wie das Weltrekord-Taxi unterstreichen den Ruf des Strich-Acht als unverwüstlicher und zuverlässiger Dauerläufer einmal mehr. In der Begeisterung der Young- und Oldtimergemeinde für die Baureihen 115 und 114 schwingt diese bereits von den Zeitgenossen des Strich-Acht ausgesprochene Anerkennung bis heute mit.

Technischer Wegbereiter und Bestseller

Nachwirkungen zeigt die erste eigenständige Modellfamilie der mittleren Baureihe von Mercedes-Benz aber nicht nur als gepflegter Klassiker: Auch Fahrzeuge der ESF-Reihe (Experimental-Sicherheits-Fahrzeug) der Daimler-Benz Forschung, mit denen Techniken wie Anti-Blockier-System (ABS) und Airbag getestet werden, basieren auf dem Strich-Acht - so zum Beispiel das ESF 05 (1971) und das ESF 13 (1972). Auf diese Weise trägt die Stuttgarter obere Mittelklasse in den1970er Jahren dazu bei, Elemente der aktiven Sicherheit für heutige Autos zu entwickeln. Der Strich-Acht wird so zum Wegbereiter späterer Innovationen in der Serienproduktion.
Die Motorisierung der Strich-Acht-Familie reicht am Ende der Bauzeit von den Einstiegstypen bis zu den Spitzenversionen 280 E (1972) und 240 D 3.0 (1974). Diese Vielfalt trägt mit zum Erfolg des Strich-Acht bei, der sich als vielseitig eingesetztes Modell etabliert, das anspruchsvolle Fahrer begeistert. Insgesamt entstehen von 1968 bis 1976 fast zwei Millionen Exemplare beider Baureihen. Das sind nahezu ebenso viele Fahrzeuge, wie Mercedes-Benz von allen Personenwagen-Baureihen der Marke zusammen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis 1968 produziert hat.







wong favoriten Reddit folkd Linkarena live myspace_de publishr twitter_de webnews Ask BlinkList comments del.icio.us facebook Google netscape Technorati socializer squidoo webride Yahoo


SUCHEN