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Phaeton, Nr. 11, Stoewer & noch mehr Tatra



04.07.2011   Autor: Central Garage

Tatra - in der Oldtimerwelt so hoch geschätzt wie das höchste Gebirge der Slowakei, das der Marke seinen Namen gab. Personenwagen, Nutzfahrzeuge und Lastkraftwagen verbindet man mit ihr, die Produktionen aus dem Werk im heute tschechischen Kop?ivnice (deutsch: Nesselsdorf) sowie Lizenz- und Fremdfertigungen aus Deutschland, Österreich, Ungarn und Frankreich. Ihnen ist die neue Ausstellung in der CENTRAL GARAGE Bad Homburg gewidmet. Hinter dem schlichten Titel "Tatra - Lizenzen - Fremdfertigungen" steckt ein ehrgeiziges Projekt: Eine Retrospektive, die es in dieser Form weltweit noch nicht gegeben hat. Mehr als die Hälfte der rund 20 Exponate aus den 20er bis 40er Jahren sind die letzten ihrer Modellreihen, viele von ihnen mit spannenden Geschichten versehen. Die Leihgaben stammen von Sammlern aus ganz Europa und aus Museen. Mit dem Tatra 11, der ab 1923 hergestellt wurde, begann der Erfolg der Automarke. Entwickelt wurde der 11er vom Technischen Direktor der Tatra-Werke, Hans Ledwinka, einem ebenso genialen Autokonstrukteur wie Ferdinand Porsche, mit dem Ledwinka befreundet war. Ein damals neuartiger Zentralrohrrahmen, eine von Edmund Rumpler patentierte Pendelachse und ein luftgekühlter Boxermotor sind die Kennzeichen des Tatra 11 und der meisten der Nachfolgermodelle, die in der CENTRAL GARAGE zu sehen sind. Das Fahrwerk des Tatra 11, mit dem die Besucher im Foyer begrüßt werden, stammt aus dem Deutschen Museum München. An seiner Seite hielt Hans Ledwinka am 12. Februar 1967 - er starb zwei Wochen später - in einer Feierstunde in München zu seinem 89. Geburtstag die letzte Rede.

Tatra Central Garage
Tatra Central Garage

Ein in der ehemaligen Tschechoslowakei gefertigter, restaurierter Tatra 11 Phaeton sowie ein Tatraplan werden ebenfalls gezeigt. Und, in einem abgedunkelten Raum stilvoll in Szene gesetzt: ein Typ I des Tatra 603 von 1958. Es ist eine von den Staatskarossen, die zwischen 1955 und 1975 in Handarbeit hergestellt und nicht an Privatpersonen verkauft werden durften - was wohl dennoch das eine oder andere Mal geschah. Den Oberklassewagen fuhren in der kommunistischen Tschechoslowakei nur Regierungsmitglieder, Funktionäre, Staatsbeamte und Betriebsdirektoren, außerdem wurde er für den gleichen Personenkreis in die Staaten des ehemaligen Ostblocks sowie in die DDR und nach Kuba exportiert.

Die Automarke wurde schnell auch international so erfolgreich, dass Tatra begann, im Ausland Tochtergesellschaften zu gründen und Lizenzen zu vergeben. In Deutschland entstand 1925 die Firma Delta (Deutsche Licenz Tatra-Automobile Betriebsgesellschaft m.b.H.) mit Sitz in Frankfurt am Main. Sie wurde 1928 in Detra umbenannt. Aus diesem Werk stammen die beiden ältesten noch erhaltenen "Deltas", zwei 11er Cabriolets von 1926 und 1927.

Nur ein Jahr jünger ist das Detra-Cabriolet Modell 4/14, das der bekannte Motorjournalist Fritz B. Busch 1979 für ein Preisausschreiben zur Verfügung stellte. Der jetzige Besitzer war einer der 349.999 erfolglosen Mitspieler, begann aber 2005 damit, dem Verbleib des Wagens nachzuforschen. Er fand ihn und konnte ihn 2010 erwerben - in dem Zustand, in dem sich das Auto bei der Preisübergabe durch Fritz B. Busch 1979 befand. Der Detra Warenwagen von 1931 ist das weltweit einzig noch erhaltene Exemplar vom großen 4-Zylindermodell 8/40! Möglicherweise kam es in den Wirren der Kriegs- oder Nachkriegszeit ins Sudetenland, wurde dort als "Arbeitspferd geschunden" und landete in den 70er Jahren auf dem Schrottplatz. Ein Prager Sammler entdeckte den Wagen dort und restaurierte ihn. 2001 kehrte der "deutsche Tatra" nach Deutschland zurück.

Tatra Central Garage
Tatra Central Garage

Über die Frankfurter Detra kam es zu einem Lizenzvertrag mit dem neuen Röhr-Werk im hessischen Ober-Ramstadt, das den Tatra 75 leicht abgewandelt von 1933 bis 1935 als Röhr-Junior fertigte. Drei davon stehen im Bad Homburger Automobilmuseum - der weiße ist der einzige noch vorhandene Sportwagen. Mit einem ähnlichen Modell hatte die Mitgründerin der Zeitschrift "Die Zeit", Marion Gräfin Dönhoff, 1935 eine abenteuerliche Fahrt durch Europa unternommen. Eine Auswahl ihrer Reisefotografieren umgeben den schnittigen Wagen.

Als die Röhr-Werke in Konkurs gingen, gelangten die Lizenzen an die Stoewer-Werke in Stettin - der Tatra wurde zum Stoewer-Greif. Neben einer grauen Cabriolet-Limousine und einem roten Cabriolet besticht aus diesen enddreißiger Jahren der einzig erhaltene Geländesportwagen.

Wahre Schätze sind auch die Fahrzeuge aus den anderen Ländern. Zum Beispiel ein ganz kleiner Viehtransporter von Austro-Tatra oder der Feuerwehrwagen aus der Schweiz. Dessen Fahrgestell wurde von Tatra 1935 dem Eidgenössischen Militärdepartement für Versuchszwecke geliefert. Erst ab 1949 lässt sich die Geschichte weiter nachvollziehen. Da nämlich wurde der Feuerwehrwagen in der Gemeinde Langnau zur Brandbekämpfung eingesetzt. Um ein Unikat handelt es sich auch bei dem "Franzosen". Der Kolonialwagen T-72 wurde 1935 als geländegängiges Transportfahrzeug für das französische Heer von Lorraine-Dietrich im Elsass gebaut. Man nimmt an, dass es weltweit außer diesem Fahrzeug nur noch drei weitere Exemplare des T-72 in allerdings anderen Ausführungen gibt, einen Lieferwagen für Pioniere, einen Wagen für Luftstreitkräfte sowie ein Chassis. Einem Wunder gleicht es, dass drei ungarische Unitas-Tatras überlebt haben. So weit aus dieser noch wenig aufgearbeiteten Geschichte bekannt ist, soll der ungarische Staat in den 60er Jahren alle Tatras zur Metallverwertung eingezogen haben. Die CENTRAL GARAGE wartet mit einem rechtsgelenkten Phaeton auf.



Neben diesen und weiteren Fahrzeugen erwartet den Besucher nicht zuletzt ein herrlicher Stromlinienwagen Tatra 87. Die Karosserie basiert u.a. auf den Erfahrungen des ungarischen Ingenieurs und Aerodynamikers Paul Jaray. Das Vorgängermodell Tatra 77 war das erste Serienauto, das in einem Windkanal getestet wurde.

Wie immer ist der Eintritt zu der Ausstellung frei. Aber auch diesmal bittet die CENTRAL GARAGE um Spenden, für die in der Nähe des Eingangs eine Spendenbox bereitsteht. Das Geld kommt dem Verein "Patenschaften für Tschernobylkinder Bad Homburg e.V." zugute.

Als Initiator und Kurator zeichnet der Tatra-Oldtimerexperte Klaus Buschbaum aus Dietzenbach verantwortlich. Gezeigt wird die Ausstellung des Vereins "Freunde der CENTRAL GARAGE e.V." vom 27. Mai bis 26. November. Die Öffnungszeiten sind mittwochs bis sonntags von 12 bis 16.30 Uhr sowie nach Absprache (Tel. 06172-5976057).









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