Wenn es um Kultur geht, gelten Europäer in den
Augen mancher Amerikaner als blasiert und eingebildet. Zu verstärken scheint
sich der Eindruck, wenn es um die Leidenschaft für Automobile geht. „Und
stellen sie sich vor“, schrieb „The Capital Times“ in Madison,
Wisconsin in der Ausgabe vom 31.7.08 „wie gekränkt die Autonarren
da drüben über dem großen Pott waren, als sie merkten, dass
ein seltener 1931 BMW Ihle 600 Sportwagen aufgetaucht war, und dass ein Amerikaner
ihn gekauft hat.“ Der Artikel löste in seiner Art eine selten heftige
Diskussion im Internet aus. Vorangegangen war ein Bericht, anlässlich der
Präsentation des Fahrzeuges.
Am ersten August-Wochenende stellte nun Tom Griffith,
ein Oldtimer-Sammler aus Verona, Wisconsin, seine kostbare Neuerwerbung der
Öffentlichkeit bei der 13. Vintage Celebration auf Bothams Vineyard vor.
Vor etwa einem Jahr hatte Griffith den Wagen in einer Annonce auf einer europäischen
Internetseite gefunden – und sofort gekauft. Über den Kaufpreis
schweigt sich der Amerikaner aus, erzählt aber: „Innerhalb von
zwei Tagen hatte ich 72 E-Mails von Kaufinteressenten.“ Auch BMW soll
unter den Interessenten gewesen sein. Manfred Grunert, Pressesprecher BMW
Historie: "Es ist schon eine Leistung, dass Herr Griffith sich solch
einer außergewöhnlichen Restauration gewidmet hat. Schließlich
gibt es von solch seltenen Fahrzeugen kaum mehr Unterlagen. Wir konnten ihm
bestätigen, dass die Basis seines Ihle-Aufbaus ein Original der Limousine
ist."
Im Laufe des vergangenen Jahres ließ Tom Griffith den BMW Ihle 600 bei
Keith van Egdom von Dodgeville restaurieren. „Er sieht aus wie neu.“
In die Restauration hat Tom Griffith laut „Capital Times“ rund 100.000
US-Dollar gesteckt: „Die Historie macht den Wagen so besonders.“
Rob W. ein internationaler Classic Car Dealer meint während der Internet-Diskussion
dazu: „Der Wert des Wagens dürfte bis zu sechs Mal höher liegen
als das, was Tom Griffith investiert hat.“ Gerhard Schwarz 1. Vorsitzender
der Dixi IG hat da seine Bedenken: „Der Preis für die Instandsetzung
scheint mir zu hoch, da man sehr gute Exemplare unter Umständen ab 18.000
bis 24.000 Euro kaufen. Ich kenne das Fahrzeug, es war beim Verkauf in einem
relativ gutem Zustand, meines Wissens ist Lack und Polster aufgearbeitet und
der Wagen in einigen Teilen ergänzt worden.“
Im 2. Weltkrieg war das viel diskutierte Fahrzeug in
einer Lagerhalle untergestellt worden. Beim Bombardement der Alliierten nahm
nicht nur die Halle, sondern auch der Wagen Schaden. 50 Jahre lang gammelte
das wertvolle Fahrzeug nun vor sich hin, „bis es in den 80er Jahren schon
einmal für unverhältnismäßig viel Geld instandgesetzt und
zurückgerüstet wurde, da es unter anderem Kotflügel besaß,
wie sie der Ihle 800 hatte“ (Information von Gerhard Schwarze, Dixie IG).
Nach dem Tod des damaligen Eigentümers verkaufte die Enkelin den BMW Ihle
600 an die Amsterdamer Autohändler und in den internationalen Markt.
Um sicherzustellen, dass es sich um ein Original-Fahrzeug handelt, schickte
Griffith die im Motorblock eingravierte Nummer an BMW und den handgeschriebenen
Eintrag in den Papieren vom Tag an dem der Wagen gebaut wurde. BMW, so schreibt
die „Capital Times“ unterstützte den Oldtimer-Liebhaber bei
der Restauration und versorgte ihn mit den Teilen, die er brauchte wie Ventilatorblätter,
Keilriemen, Seitenspiegel, Motorhaubengurte, Zündkerzen, Wischblätter
und BMW Logo. „Die Leute von BMW sagten“ so Tom Griffith, „-Wenn
der Wagen restauriert wird, wollen wir, dass es korrekt gemacht wird. Es ist
ein Wagen von uns.- So hat mir BMW enorm geholfen, das Fahrzeug in den heutigen
Stand zu bekommen.“ Dixie-IG-Vorsitzender Gerhard Schwarze wendet ein:
“Das muss eine Verwechslung sein, denn alle aufgeführten Teile stammen
von mir, bzw. der dixi-Interessengemeinschaft, dem 1. Internationalen Markenclub
für Dixie 3/15, BMW 3/15 und Sondermodelle. Dieser IG gehört auch
Tom Griffith an. Bei dem Fahrzeug von Tom Griffith handelt es sich um einen
ehemaligen BMW 3/15 DA2 aus dem Jahr 1931, der schon seit den 50er Jahren in
Familienbesitz war. So kann man vermuten, dass die Karosse auch eine „echte“
Ihle Karosse ist, da sich zu dieser Zeit niemand die Mühe machte, solch
ein Teil nachzubauen.“
Mit dem Fahren hat Tom Griffith so seine Probleme: " Ich bin fast zu groß, um den Wagen zu lenken - und ich bin 170 groß. Aber," so fügt er hinzu "er fährt sportlich wie ein Go-Kart."
"Ihr Wunsch einen eleganten und schnittigen Sportwagen zu besitzen, war unsere Aufgabe, die wir mit einem anerkannt vollen Erfolg gemeistert haben" lautete der Werbespruch der Gebrüder Ihle aus dem badischen Bruchsal.
Technische Daten
Motor: Vierzylinder 743-ccm-BMW Dixi,
3/15 PS, ausgeschliffen, Leichtmetallkolben, Batteriezündung, elektrische. Licht- und Anlasseranlage, trockene Einscheibenkupplung, Zahnschubgetriebe, 3 Vorwärtsgänge, 1 Rückwärtsgang,
Lenkung links,
Fahrzeugabmessungen:
Länge: 3050 mm, Breite 1200 mm, Sitzbreite 880 mm;
Gewicht: 400 kg
Verbrauch: ca. 6 Liter per 100 km
Aufbau: Ihle - Spezial - Ganzstahl-Sportkarosserie, Geschwindigkeit ca. 90 km; Bereifung vorne neu, hinten protektiert oder gut erhalten.
Der Ihle 600 war für 1050 Reichsmark ab Werk Bruchsal erhältlich.
Typisches Merkmal aller Ihle Fahrzeuge:
die heute noch bei BMW übliche Doppelniere
The Capital Times Madison im Internet:
www.madison.com
In Deutschland ist der BMW Ihle 600 zu sehen:
Im Automuseum Busch in Wolfegg (Gebäude 2)
www.automuseum-busch.de
Auto- und Technikmuseum Sinsheim
www.technik-museum.de