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"Vespen, Tiger, Spatz & Co. - Oldtimer Kreaturen des Wirtschaftswunders"



23.09.2009      Autor: Valery Reuter

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Sehen Sie hier das Video über die aktuelle Oldtimer Kleinwagen Ausstellung in der Central Garage Bad Homburg

Aufwärts sollte es gehen im Nachkriegsdeutschland - und voran. Der Wiederaufbau, das Wirtschaftswachstum erforderten Mobilität und natürlich wollten die Menschen auch in ihrer Freizeit bequem von Punkt A nach Punkt B gelangen. Anfangs beschied man sich mit motorisierten Zweirädern, aber die Sehnsucht nach einem Dach über dem Kopf, nach mindestens drei, wenn nicht vier Rädern, kurzum nach einem Auto wuchs. Nur erschwinglich sollte es sein. So begannen denn "Vespen, Tiger, Spatz & Co." als "Kreaturen des Wirtschaftswunders" Deutschland zu bevölkern. Heute rufen sie Erinnerungen wach, Begeisterung dafür, mit welch einfachen Mitteln, jedoch viel Kreativität Kraftfahrzeuge entstanden. Sie zaubern ein verzücktes Lächeln ins Antlitz des Betrachters.

Central Gagarge Kleinwagen Ausstellung
Central Gagarge Kleinwagen Ausstellung

Rund 30 Vespas und etwa 15 Klein- und Kleinstwagen, darunter natürlich einige Ra-ritäten, sind in der Central Garage bei freiem Eintritt zu sehen. Bis zum Frühjahr 2011 - wobei im Lauf der Monate einzelne Exponate ausgewechselt werden, so dass es immer wieder Neues zu entdecken gibt.

Hinter den Ausstellungsstücken stehen Geschichten, wie sie nur das Leben eines zerstörten, ausgelaugten Landes schreiben konnte. Zum Beispiel die von Paul Kleinschnittger. Alte Flugzeug- und Motorradteile hatte er gesammelt und baute dar-aus nach der Währungsreform einen Kleinstroadster. Der erregte so viel Aufmerk-samkeit, dass sich ein betuchter Hamburger Kaufmann mit dem Sauerländer zu-sammentat und in die Serienfertigung investierte. Der Kleinschnittger F 125 kam 1950 auf den Markt. 4,5 PS stark, bis zu 70 km/h schnell, gerade einmal 150 kg leicht. Ohne Anlasser, ohne Kardanwelle, ohne Differenzial und ohne Rückwärts-gang. Man konnte das Wägelchen ja einfach herumheben!



Egon Brütsch hieß ein weiterer Pionier. Gleich zwei seiner selten zu sehenden, skur-rilen Konstruktionen sind zu sehen: der winzige Mopetta von 1957 und der Spatz 200 von 1956. Nur noch fünf der ursprünglich 14 Exemplare des einsitzigen Dreirads Mo-petta blieben erhalten. Der Plan, die "rollende Einkaufstasche" von den Bad Hom-burger Motorradwerken "Horex" in Lizenz fertigen zu lassen, ließ sich nicht verwirkli-chen. Der Spatz 200 entstand zwischen 1956 und 1958 in einer Stückzahl von 859. Die offene Karosserie aus Polyesterharz hat keine Türen und bietet drei Personen Platz, die nach der damaligen Werbung "ganz bequem" nebeneinander sitzen kön-nen.

Hintereinander lautete dagegen die Devise für die Insassen des Kabinenrollers KR 200. Fritz M. Fend hatte aus seinem einsitzigen, aus ausrangierten Fahrradteilen und einem winzigen Motorrad-Motörchen gebastelten "Fend-Flitzer" zunächst den KR 175 entwickelt. Produziert wurden die "Karos" im Flugzeugwerk von Willy Messerschmitt, der sich in der Nachkriegszeit übergangsweise auf den Fahrzeugbau verlegt hatte. Wegen der Plexiglashaube, die beim Ein- bzw. Ausstieg nach rechts hoch geklappt werden musste, erhielt der Kabinenroller schnell seine Spitznamen: Schneewittchen-sarg (wie auch der Volvo) oder weniger charmant "Mensch in Aspik".

Central Gagarge Kleinwagen Ausstellung
Central Gagarge Kleinwagen Ausstellung

Bis 1964 wurde der "Karo" in fünf Varianten hergestellt, aber schon 1957 fauchte der "Tiger" auf den Markt. Nun hatte der Kabinenroller vier Räder, eine innovative Schräglenkerachse für die bessere Straßenlage, doppelt so viel PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h. Selbst ein 1957er Porsche 356 erreichte gera-de einmal 15 km/h mehr. Allerdings war der TG 500 auch wesentlich teurer als sein dreirädriger Bruder KR 200, so dass er wenig gefragt und in nur geringen Stückzah-len produziert wurde.

Natürlich wurde auch die "Knutschkugel", eines der Symbole des Wirtschaftswun-ders, in den Bad Homburger Ausstellungsraum gerollt und das gleich in zweifacher Ausfertigung. Bewundert werden kann nämlich eine ISO-Isetta aus der 1. Serie (1954), die Renzo Rivolta, Chef des italienischen Motorradwerkes ISO-Rivolta kon-struiert hatte. Als BMW nur ein Jahr später die Lizenz übernahm, behielt die Isetta ihre nach vorn samt Lenkrad zu öffnende "Kühlschranktür", bekam jedoch ein viertes Rad verpasst. Die ausgestellte BMW-Isetta ist ebenfalls eine der ersten (Bj. 1955).

Central Gagarge Kleinwagen Ausstellung
Central Gagarge Kleinwagen Ausstellung

Das meistgebaute Kleinauto aber war das Goggomobil der Glas-Werke. In der CENTRAL GARAGE steht der Typ T 250 - zusammen mit einem Piccolo-Wohnwagen. Immerhin kann man bei der viersitzigen Limousine, die eine fantasti-sche Zusatzausstattung einschließlich Plattenspieler und Blumenvase hat, schon an ein "richtiges" Automobil denken. Der Name des Raumwunders war übrigens eine Kreation der Haushälterin der Familie Glas. Sie rief den zweitgeborenen Sohn And-reas "Goggi".

In der Ausstellung fehlen ebenso wenig die "Kreaturen des Wirtschaftswunders", de-nen italienische Designer ihr Gesicht gaben. Da ist das "Schwänchen", ein NSU Sport Prinz von "Nuccio" Bertone, noch mit der Prinz-3-Technik und eines von vier erhaltenen Exemplaren. Da ist das "Mäuschen", der Fiat-Topolino - eine unrestau-rierte C-Version von 1955 -, der zwischen 1936 und 1955 über 500.000 Mal vom Band lief. In der Tuning-Firma von Carlo Abarth entstand 1957 der 155 km/h schnelle Fiat 750 Abarth, der Bianchina von Autobianchi ist als Cabrio zu sehen und den schnittigen Alexander-Frua ließen sich die Bremer Lloyd-Werke von dem italieni-schen Designer Pietro Frua schneidern.

Auch wenn diese Klein- und Kleinstwagen in der Regel günstiger waren als der "Volkswagen", so blieben sie für manche dennoch ein unerfüllbarer Traum. Andere wiederum schworen auf Zweiräder. Etwa die junge Generation, für die die "Wespen", sobald sie über die Alpen gekommen waren, zum Sinnbild von Freiheit wurden. Als Firmenchef Enrico Piaggio das neue Gefährt seines Ingenieurs Corradino D'Ascanio begutachtet hatte, kommentierte er: "Sieht aus wie eine Wespe." Italienisch: Vespa. Der Name war geboren. Und der Motorroller, der durch das breite Beinschild vor der breiten Fußauflage sowie durch die Motor- und Heckverkleidung guten Schutz vor Verschmutzungen bot, trat seinen Siegeszug um die Welt an. Von 1946 bis heute wurden weit über 15 Millionen Stück produziert - in rund 100 Versionen. 30 präsen-tiert die CENTRAL GARAGE in der oberen Ausstellungsebene.

Etwas "aus der Zeit" fällt ein Fahrzeug, das für Kenner der historischen Kleinwagen-Szene freilich einen besonderen Höhepunkt darstellt: der "Maikäfer" von Josef Ganz. Der Ingenieur, der vor dem 2. Weltkrieg für verschiedene Autohersteller wie Adler, Daimler-Benz oder BMW arbeitete, entwickelte den zweisitzigen Prototypen 1931 mit Einzelradaufhängung, Schwingachsen und einem auf der Hinterachse liegenden Mo-tor. Nicht geklärt werden konnte bisher, welchen Beitrag Josef Ganz zur Entwicklung des Ur-Käfers geleistet hatte. Die Gestapo verhaftete den jüdischen Ingenieur 1933 und durchsuchte sein Büro in Frankfurt am Main. Dabei sollen laut Ganz zahlreiche Arbeitsunterlagen beschlagnahmt worden sein. Josef Ganz floh nach seiner Freilas-sung nach Liechtenstein, später in die Schweiz und wanderte 1951 nach Australien aus, wo er für General Motors arbeitete.

Wie immer ist der Eintritt zu der Ausstellung frei. Aber auch diesmal bittet die CENT-RAL GARAGE um Spenden, für die in der Nähe des Eingangs eine Spendenbox be-reitsteht. Das Geld kommt dem Kinderschutzbund im Hochtaunuskreis zugute. Ge-öffnet ist die Ausstellung Mittwoch bis Sonntag von 12 bis 16.30 Uhr oder nach Ab-sprache. Da es kurzzeitig zu Änderungen der Öffnungszeiten kommen kann, emp-fiehlt sich ein vorheriger Anruf unter Tel. 06172-5976057.

Ausstellung "Vespen, Tiger, Spatz & Co. - Kreaturen des Wirtschaftswunders" (bis Frühjahr 2011)

Automobilmuseum CENTRAL GARAGE Bad Homburg
Niederstedter Weg 5, 61348 Bad Homburg
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 12 bis 16.30 Uhr
Tel. 06172-5976057


Internet: www.central-garage.de

Internet: info@central-garage.de









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