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Wie der SL zur Ikone wurde



30.06.2012   Text: Kay Mackenneth

Oldtimer MB 300 SL Werbung
Oldtimer MB 300 SL Werbung

Der Mercedes SL ist eine Ikone. Dazu beigetragen haben auch Werbefachleute, die den SL seit 1952 geschickt in Szene setzten. Mit künstlerischem Anspruch gemalte Rennsiegplakate aus aller Welt ehren nicht nur die Helden hinterm Steuer, sondern weisen auch auf die technische Überlegenheit der Sportwagen von Mercedes-Benz hin: Der 300 SL Rennsportwagen beweist auf den internationalen Rennpisten seine Stärke mit zum Teil Technik aus serienmäßigen Personenwagen von Mercedes-Benz aus der damaligen Zeit.
Der internationale Erfolg des 1954 vorgestellten Seriensportwagens mit dem Namen 300 SL (W 198), der berühmte Flügeltürer, wird also schon früh vorbereitet: Zwar hängen die Werbeplakate bevorzugt in den Verkaufsräumen, doch auch in Zeitungen und Zeitschriften taucht der 300 SL vermehrt als Botschafter mit dem Stern auf. Andere Unternehmen aus der Automobilbranche springen auf den Zug auf und nutzen das faszinierende Fahrzeug als Werbeträger für ihre eigenen Produkte.
Die Wirkung der in der Werbung eingesetzten statischen Abbildungen wird durch die Möglichkeiten des sich rasch ausbreitenden Bewegtbildes noch übertroffen: Rasante Fahraufnahmen vom SL flimmern durch die Kinotheater und vermitteln den Fernsehzuschauern ab den 1960er-Jahren einen Eindruck von Geschwindigkeit. Viele Menschen träumen von einem Wagen wie dem Mercedes-Benz 230 SL (W 113), der im Jahr 1966 von den Werbetreibenden kurzerhand zum „vernünftigsten Traumwagen der Welt“ gekürt wird. 1991 hat der 300 SL (R 129) einen Auftritt als „Sommernachtstraum“. Von Generation zu Generation hat sich eine Sache nicht verändert: Der SL tritt in der Werbung seit 1952 als faszinierendes Automobil auf, dem es in einmaliger Weise gelingt, Sportlichkeit mit Komfort sowie atemberaubendes Design mit innovativer Technik zu verbinden.

Der markante Kühlergrill mit dem großen Stern ragt quer über das ganze Plakat, am Streckenrand werfen Zuschauer vor Begeisterung mexikanische Strohhüte in die Luft, und im Hintergrund wächst ein überdimensionaler Kaktus in den Himmel: Im Cockpit des Mercedes-Benz 300 SL Rennsportwagens sitzen Karl Kling und Beifahrer Hans Klenk, zwei Helden der 3. Carrera Panamericana des Jahres 1952 durch Mexiko, eines der anspruchsvollsten Straßenrennen der Welt. Unter dem dramatischen Gemälde des Künstlers Hans Liska steht in schwarzen Lettern: „Im härtesten 5-Tage-Kampf siegt überlegen in neuer Strecken-Rekordzeit der ‚Typ 300 SL‘, entwickelt aus den serienmäßigen Personenwagen von Mercedes-Benz.“
Dass Mercedes-Benz damit wirbt, einen Sportwagen aus den Serienfahrzeugen entwickelt zu haben, erscheint zunächst verwunderlich. In Sachen Technologietransfer gehen Automobilhersteller üblicherweise den entgegengesetzten Weg – vom Rennsport hin zur Serie. Eine passende Erklärung liefert die Geschichte: Nach Kriegsende sind die Werke der damaligen Daimler-Benz AG zu vier Fünfteln zerstört, die Produktion von Lastwagen und Personenwagen läuft nur langsam wieder an – eine deutsche Beteiligung im internationalen Motorsport ist zunächst unvorstellbar. Erst im März 1952 wird der Weltöffentlichkeit der Mercedes-Benz 300 SL Rennsportwagen (W 194) präsentiert. Nach den ersten und zugleich großen Erfolgen beim legendären 1000-Meilen-Rennen Mille Miglia in Italien, beim Großen Preis von Bern, beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans und auf dem Nürburgring ist der Triumph bei der strapaziösen Carrera Panamericana ein weiterer Schritt auf dem Weg zurück an die Weltspitze des Motorsports. Und das funktioniert: Die Rennerfolge geben der Marke mit dem Stern neuen Glanz, die aufwendig inszenierten Rennsiegplakate schmücken die Verkaufsräume der Mercedes-Benz Niederlassungen und transportieren ein neues Selbstbewusstsein.
Auch andere Unternehmen wissen die wiedererlangte Strahlkraft von Mercedes-Benz zu nutzen und werben im Jahr 1952 mit dem erfolgreichen Rennsportwagen: Varta schmückt sich in der Motor-Rundschau damit, dass bei der Carrera Panamericana „Varta Qualitäts-Batterien“ zum Einsatz kommen. Der Zulieferer Beru verkündet voller Stolz, Kling und Carracciola hätten ihre Erfolge „mit normalen Beru-Zündkerzen“ errungen. Und Bosch preist nach mehr als 3.800 Kilometern bei den 24 Stunden von Le Mans die Überlegenheit der „serienmäßigen Bosch-Ausrüstung von der Lichtmaschine bis zur Zündkerze“.


Mercedes-Benz 300 SL Premiere in New York und Paris

Die Weltpremiere des Seriensportwagens Mercedes-Benz 300 SL (W 198) erfolgt zwei Jahre später, im Februar 1954 auf der International Motor Sports Show in New York. Seinen ersten Auftritt in Europa hat der begehrte Wagen dann in Paris. Eine monochrome, kupferstichartige Werbeanzeige aus Frankreich zeigt den 300 SL vor dem Triumphbogen. Die Werbung berücksichtigt den Schritt aus dem Rennsport in die Serienfertigung: Anders als bei den Rennsiegplakaten ist das Fahrzeug deutlich sachlicher inszeniert.
In die gewohnte Richtung – also vom Rennsport hin zur Serie – zielen die werbenden Worte auf einem Verkaufsprospekt des Mercedes-Benz 300 SL (W 198) aus dem Jahr 1955: „Den Gewinn aller Siege des Mercedes-Sterns legen die Konstrukteure der Daimler-Benz AG mit diesem Sportwagen von souveräner Eleganz in die Hände ihrer Kunden.“ Der Flügeltürer wird als käufliche Straßenversion des erfolgreichen Sportwagens gepriesen – beinahe kann man auf der daneben gestellten Tuschezeichnung den Duft der Lorbeerkränze riechen. Erschaffen hat den silbernen 300 SL auf blauem Grund Werbezeichner Walter Gotschke, der seit 1938 für Daimler-Benz tätig ist.
Im März 1957 wird auf dem Genfer Automobil-Salon ein Roadster als Nachfolger des Flügeltürers vorgestellt. Der offene 300 SL Roadster (W 198) geht wie sein Vorgänger auf die Initiative des US-Amerikaners Max Hoffman zurück, der seit September 1952 offizieller Importeur für Nordamerika von Mercedes-Benz Fahrzeugen ist. Die dazugehörige Werbekampagne hat Kunstcharakter und kommt von der Heimann-Agentur. Während das viersitzige Mercedes-Benz 220 S Cabriolet unter der Überschrift „Urlaub auf jeder Fahrt“ mit einer Schmetterlingszeichnung beworben wird, schleicht um den neuen 300 SL Roadster ein geduckter Tiger. „Elegant beherrschte Kraft“ lautet der Leitspruch, der Appetit auf ein „erregendes Fahrerlebnis in einem faszinierenden Wagen“ machen soll.
„Any way you look at it – quality“. Im englischsprachigen Raum wirbt der Stuttgarter Automobilhersteller mit der Qualität seiner Produkte. Auf einer Schwarz-Weiß-Illustration aus dem Jahr 1958 fährt ein Mercedes-Benz 300 SL Roadster an einem Mercedes-Benz 180 „Ponton“ vorbei, die Dame auf dem Beifahrersitz trägt ein schützendes Kopftuch. Der nebenan gestellte Text verspricht, dass man sich in einem Mercedes-Benz immer wie zu Hause fühlt – ganz gleich, ob man sich auf einer langen Geschäftsreise befindet oder zum reinen Vergnügen fährt.
Im Jubiläumsjahr 1961 gedenkt man den Gründervätern Gottlieb Daimler und Carl Benz. Auch in der Werbung wird die Geburtsstunde des Automobils vor 75 Jahren thematisiert: Auf einer Anzeige ist der Mercedes-Benz 300 SL Roadster gemeinsam mit dem dreirädrigen Benz Patent-Motorwagen abgebildet, den Carl Benz im Jahr 1886 zum Patent anmeldete. „There’s one thing unchanged by time“: Die uralte Sehnsucht nach dem „Reisen mit einer höheren Geschwindigkeit“, die über Jahrzehnte hinweg unverändert existiert, wird als verbindendes Element dieser beiden höchst unterschiedlichen Automobile herangezogen.







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